Wissenswertes 41
Fortsetzung Pressekonferenz zum 2+4-Vertrag am 17.7.1990 in Paris
GENSCHER: Meine Damen und Herren, ich möchte damit beginnen, unserem Gastgeber, Herrn
Dumas, für die ausgezeichnete Weise zu danken, in der er das heutige Treffen geleitet hat. Und ich
möchte auch meine besondere Freude über die Anwesenheit unseres polnischen Kollegen, des Außenministers
Skubaszewski ausdrücken, der viele Jahre hindurch an der Stärkung des Verständnisses
zwischen Polen und Deutschland gewirkt hat. Heute haben wir während der Sitzungen, an denen
er teilnahm, die Prinzipien erwogen, die die Lösung der Grenzfrage (Verb ist nicht leserlich!). Natürlich
sind wir uns der dunkelsten Perioden des historischen Verhältnisses zwischen Deutschland
und Polen bewußt.
Heute haben wir eine Übereinstimmung über diese grundlegenden Prinzipien erzielt, nicht nur unter
den an den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen Beteiligten, sondern auch mit unserem polnischen Kollegen.
Und ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, die Intention der deutschen Bundesregierung
zum Ausdruck zu bringen, mit Entschlossenheit sicherzustellen, daß es innerhalb kürzester Zeit
nach der Vereinigung und der Zurückerhaltung der Souveränität einen Grenzvertrag mit Polen geben
wird, der dann dem Parlament des vereinten Deutschland zur Ratifizierung vorgelegt werden
wird.
In unseren heutigen Diskussionen haben wir auch die Themen der Ergebnisse unserer Gespräche
mit der sowjetischen Führung während der letzten Tage in der Sowjetunion eingebracht. Diese Gespräche
wie auch deren Ergebnisse wurden von allen Beteiligten begrüßt, und wir denken, daß sie
einen Erfolg für Europa als Ganzes darstellen, für das neue Europa, und daß diese Ergebnisse unsere
Erwartungen bestätigt haben, daß es möglich sein könnte, die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen
(noch) vor dem KSZE-Gipfeltreffen abzuschließen, das im November in Paris stattfinden wird. Wir
sollten in der Lage sein, dies vor dem KSZE-Gipfel fertigzustellen. So könnten wir das Schlußdokument
in diesem Jahr unterzeichnen, so daß Deutschland Einigung und die Wiederherstellung der
vollen Souveränität für Deutschland noch in diesem Jahr möglich wäre.
Ergebnis dieser Entwicklung, die begleitet wurde von der erfolgreichen Vorbereitungsarbeit für den
KSZE-Gipfel und den Ergebnissen der NATO-Konferenz in London, welche ein neues Verhältnis
zwischen den Mitgliedsländern der verschiedenen Bündnisse darstellt, der zwei Bündnisse, ist, daß
dieser (Seite 6) dynamische Prozeß der deutschen Einigung deutlich einen positiven Einfluß auf Europa
als Ganzes darstellt. Die deutsche Einigung ist ein Beitrag zur Sicherung der Einheit, der Stabilität
in Europa, und der Bewahrung des Friedens in Europa.
Natürlich sind wir Deutschen uns völlig bewußt über die Verantwortung, die diese Entwicklung uns
auferlegt, und wir begrüßen die Tatsache, daß im Anschluß an die heutigen Diskussionen (Anm.:
auch lesbar als „daß als Ergebnis der heutigen Diskussionen“ ) es feststeht, daß die deutsche Einheit
noch in diesem Jahr vollendet sein wird. Und ich möchte all meinen Kollegen danken, die an dieser
Vereinbarung mitgewirkt haben, ich möchte ihnen danken für ihre konstruktive Herangehensweise.
DUMAS: Danke, Herr Genscher. Das Wort hat nun der Außenminister der Sowjetunion.
SCHEWARDNADSE: Meine Damen und Herren, ich teile die generelle Einschätzung des soeben
stattgefundenen Treffens, des soeben stattgefundenen Ministertreffens, die Einschätzungen, die gerade
von Herrn Dumas und meinen anderen Vorredner-Kollegen skizziert worden sind.Zum Zeitpunkt
des Pariser Treffens haben sehr wichtige Ereignisse stattgefunden, die uns Grund für Vertrauen
darauf geben, daß eine Vereinbarung über die endgültige Lösung der äußeren Aspekte der deutschen
Einheit erreicht werden wird und daß sie verbunden wird mit dem Prozeß der deutschen Vereinigung.
Ich möchte die wichtige Arbeit anmerken, die während der beiden ersten Runden des Sechser-Treffens
geleistet wurde, und auch während der ministeriellen Kontakte auf bilateraler Ebene. Es war
während dieser Kontakte, daß wir Einverständnis über die Bedingungen und der Art der politischen
Entwicklung erzielt haben, welche die Lösung der mit der deutschen Regelung verbundenen Punkte
ermöglicht.
Besonders lassen Sie mich die Tatsache hervorheben, daß es während der vergangenen paar Monate
Kontakte Kontakte zwischen den führenden Leitern der an den Zwei-plus-Vier-Mechanismen gab.
Das Treffen zwischen der Präsidenten der UdSSR. Michail Gorbatschow, und dem Bundeskanzler
Herrn Kohl komplettierten diese Reihe intensiver Verhandlungen auf Gipfelebene.
So haben nun die Sechs gegenseitiges Verständnis erzielt, erwachsen, hervorgetreten sowohl aus
dem breiten politische Dialog der Vier Mächte und der beiden deutschen Staaten, wie auch jenen,
die möglich wurden als Ergebnis der weitreichenden Veränderungen, die innerhalb des Warschauer
Paktes, der NATO, und innerhalb des umfassenden europäischen Kontextes.
Das zentrale Problem, dem wir in unseren Gesprächen in Ottawa gegenüberstanden, war die Bestimmung
der Verantwortlichkeiten und der Rechte der Vier Mächte, wie auch die Gewährung voller
Souveränität für das künftig vereinte Deutschland, und das Problem des politischen, (und) militärischen
Status Deutschlands.
(Seite 7)
Für uns war es von Anbeginn an keine Frage – wir stellten nicht in Frage, daß der Prozeß der Errichtung
der deutschen Einheit auf demokratischer Grundlage stattfindet, daß wir den Deutschen in
beiden Teilen Deutschlands vertrauen können, die in der Nachkriegszeit ihre Verpflichtung zum
Frieden bewiesen und ihre Entschlossenheit gezeigt haben, eine (solche) Art der Gesellschaft und
des Staates zu schaffen, die niemanden bedrohen und ein verläßlicher Partner für alle Länder im
Westen wie im Osten sein würde.
So haben wir von Anbeginn an, während der Arbeit des Mechanismus der Sechs, eine Verbindung
zwischen der Einheit Deutschlands und drei anderen Prozessen - dem der Reduzierung militärischer
Konfrontation in Europa und des gemeinsamen Übergangs der europäischen Länder zu Verteidigungsdoktrinen,
die die Prinzipien effizienter Verteidigung realisieren - dem der Schaffung europäischer
Strukturen der Sicherheit und politischer Zusammenarbeit – und dem der Änderung militärischer
Blöcke zu Bündnissen und zur Gründung partnerschaftlicher Verhältnisse zwischen den Staaten,
die den beiden Bündnissen angehören.
Nach dem Treffen des Politischen Konsultativkomitees des Warschauer Paktes in Moskau und den
Tagungen unserer Partner in Dublin und London sahen wir einen dramatischen Wandel, einen dramatischen
Fortschritt auf allen diesen drei Gebieten. Wir können ohne Übertreibung sagen, daß wir
in Europa eine qualitativ neue politisch-militärische Situation haben, sich heute in Europa entwikkelnd.
Und dies ermöglicht es, die Möglichkeit einer Synchronisation äußerer wie innerer Aspekte
einer deutschen Einheit zu erwägen und die Verantwortlichkeiten der Vier Mächte im Augenblick
der Vereinigung beider deutscher Staaten zu beenden und dem künftigen Deutschland volle Souveränität
zu gewähren. Und dies bedeutet, daß Deutschland als souveräner Staat selbst entscheiden
kann, welcher Allianz es angehören wird. Eine Wahl zugunsten der NATO bereitete uns Schwierigkeiten,
ernsthafte Probleme für uns in einer Situation, als die NATO an ihren alten Positionen festhielt.
Aber die fortschreitende bevorstehende Umwandlung dieses Bündnisses ermöglicht es uns,
eine neue Einschätzung der Rolle und des Platzes der sich ändernden NATO in Europa vorzunehmen.
Ich glaube, daß den Interessen aller europäischen Länder mit den politischen Erklärungen der Führer
der BRD und der DDR gut gerecht wird, daß das zukünftige Deutschland keine Massenvernichtungswaffen
besitzen und die Größe der Bundeswehr begrenzt sein wird, substantiell begrenzt, und
daß die militärischen Strukturen der NATO sich nicht auf das Territorium der DDR ausdehnen. Zusammen
mit der Vereinbarung über die Stationierung sowjetischer Truppen auf dem deutschen Territorium
während einiger Jahre werden diese Einschränkungen als materielle Garantie für die Stabilität
in Europa dienen.
(Seite 8)
Wir sind auch fest überzeugt, daß die Sowjetunion und ein vereintes Deutschland einen Vertrag
schließen werden, demgemäß beide Seiten sich nicht als Gegner betrachten, keine Gewalt gegeneinander
anwenden und auf politischem, wirtschaftlichem und anderen Gebieten eng kooperieren werden.
Wir erwarten, daß in Kürze neue europäische Sicherheitsstrukturen entstehen werden, zuallererst
ein Zentrum zur Verhinderung und Lösung von Krisen. Ich möchte an die Aussage der sowjetischen
Seite während der ersten Treffens der Sechs in Bonn erinnern, daß eine Änderung der militärpolitischen
Situation in Europa der UdSSR eine andere Sicht ermöglichen würde, eine neue Sichtweise
auf die Frage einer deutschen Einheit, die zu jener Zeit schwierig aussah. Gegenwärtig haben
wir Grund dazu und wir können sagen, daß wir wirklich konstruktiv und mit gutem Willen an die
Lösung dieser Fragen herangegangen sind.
Während des gegenwärtigen Ministertreffens haben wir entschieden, wie meine Kollegen bereits angekündigt
haben, unsere Arbeit in praktikable Bedingungen zu arrangieren um sicherzustellen, daß
wir zum Zeitpunkt des Moskauer Treffens am 12. September einen Vertragsentwurf zwischen den
Sechs vorliegen haben, den die Minister als eine Basis annehmen und vervollständigen können und
ihn dann dem Europagipfel hier in Paris übergeben.
Der heutige Tag wird, ich bin sicher, wird eingehen in die Geschichte als ein Tag, an dem die Frage
der deutsch-polnischen Grenze endgültig gelöst wurde, gelöst zur völligen Zufriedenheit unserer
polnischen Freunde. Wir schätzen den Beitrag von Minister Skubaszewski bei der Lösung dieser
Frage, und ich möchte ihm und Herrn Genscher, und Herrn Meckel, und den Delegationen jener drei
Länder bei dieser wichtigen Gelegenheit aufrichtig gratulieren.
Schließlich möchte ich meinem Freund, Herrn Roland Dumas, für seinen effektiven Vorsitz und
ebenso für die Bereitstellung einer schönen und eleganten Umgebung für unsere Treffen hier in Paris
danken.
DUMAS: Danke. Ich möchte Ihnen, lieber Freund, danken, und überlasse das Podium dem Außenminister
des Vereinigten Königreichs, Sir Douglas Hurd.
HURD: Nun, Herr Vorsitzender, Sie waren ein sehr erfahrener Vorsitzender für uns, und heute stellt
sich heraus, daß wir zwei Nüsse geknackt haben: die Frage der polnischen Grenzen und die Gestalt
der endgültigen Regelung. Aber wie jemand kürzlich bemerkte – ich weiß nicht mehr wer – wir haben
starke Zähne. Aber dies war nicht selbstverständlich, nicht einmal vor wenigen Wochen, weil
während dieser Serie von Gesprächen mehrfach Zweifel zum Ausdruck gebracht wurden über die
Stabilität des Vorhabens und die Aussichten auf einen Erfolg bei der Fertigstellung unserer Aufgabe
vor dem Ende des Jahres. Diese Zweifel sind nun auf dem Rückzug. Herrn Schewardnadse sprach
zu uns heute Vormittag über geduldige, ruhige Verhandlungen. Nun, dies wurde hier heute praktiziert,
es wurde in vielen Verhandlungsrunden praktiziert (Seite 9) während der letzten Monate, und
deshalb ist das Ergebnis richtig.
Als wir uns zuvor in der Zwei-plus-Vier-„Maschinerie“ trafen, betonte Herr Schewardnadse, daß
ein vereintes Deutschland sich nicht leicht in die Landschaft eines neuen Europa einfügen ließe,
wenn alles andere unverändert bliebe. Und er lenkte besondere Aufmerksamkeit im voraus auf die
Bedeutung des NATO-Gipfels in London. Und wir nahmen ernsthaft zur Kenntnis, was er dann
sagte, und wie Sie heute hörten, hat ihn die Londoner Erklärung nicht enttäuscht. Und als ein Ergebnis
der detaillierten, harten Arbeit der Regierungen der Sowjetunion und der Bundesrepublik
Deutschland visieren wir nun die Freiheit eines vereinten Deutschland an, seine Bündniszugehörigkeit,
seinen eigenen Platz in Europa zu wählen, im Einklang mit den legitimen Besorgnissen der Sowjetunion.
Während des Essens und am Nachmittag haben wir Übereinstimmung in der Grenzfrage erzielt.
Nun, wir Briten haben starkes Verständnis mit den Polen für historische Gründe, auch für heutige
Gründe, und ich hatte verschiedene lange und fruchtbare Gespräche über diese Probleme mit Herrn
Skubiszewski. Es ist eine große Erleichterung, eine große Genugtuung für uns, daß hierüber eine
Vereinbarung getroffen wurde. Hier sind zwei Länder mit einer sehr bewegten gemeinsamen Geschichte,
zwei Ländern, die nun getrennt werden, aber getrennt durch eine vereinbarte internationale
Grenze, aber vereint in ihrer Verpflichtung für ein demokratisches, freies Europa, das seine Differenzen
friedlich beilegt. So sollte es sein.
DUMAS: Ich danke Ihnen sehr. Ich rufe den Außenminister der Deutschen Demokratischen Republik
auf, Herrn Meckel.
MECKEL: Ich möchte zu Beginn noch einmal dem Außenminister Frankreichs für die Art und Weise
danken, in der er dem heutigen Treffen vorsaß. Und ich glaube, daß wir während unserer Diskussion
wie tatsächlich während der letzten Tage und Wochen seit dem 22. Juni, unserem Treffen in
Berlin, große Fortschritte erzielt und einen großen Schritt vorwärts getan haben. Wir sind der Lösung
der Fragen viel näher gekommen, die uns zusammengeführt haben. Ich möchte insbesondere
das kürzliche Gipfeltreffen in London erwähnen, das Treffen in Moskau vor einigen Tagen. In dieser
Hinsicht, auf dem Gebiet der Sicherheit, wurden große Fortschritte gemacht, und ich denke, daß
dies unter Berücksichtigung dessen geschah, wie sich die Situation in Europa entwickelt hat.Dies ist
der Punkt, auf den ich hinweisen wollte.
Das neue Verhältnis zwischen den Mitgliedsländern der NATO und des Warschauer Paktes und der
Fortschritt in Richtung einer Institutionalisierung des KSZE-Prozesses, und wie wichtig dies ist in
Sicherheitsbegriffen, das wurde sehr klar gesagt: das das Sicherheitskonzept nicht allein in militärischen
Begriffen zu sehen ist, daß Sicherheit ein umfassenderes Konzept ist. Es ist keine Frage der
Aufrüstung (Seite 10) gegen Opponenten, sondern vielmehr der Zusammenarbeit, um Sicherheit zu
erreichen, und dies hat auch politische und ökonomische Dimensionen.
Wir betrachten das, was in Bezug auf konventionelle Streitkräfte gesagt wurde, als einen sehr positiven
Anfangspunkt. Wir sind in der Tat sehr erfreut, daß die Bundesrepublik unsere Anregung aufgenommen
hat, insbesondere, daß beide deutsche Staaten die Initiative ergreifen, eine Obergrenze für
die deutschen Streitkräfte zu setzen, mit diesem Vorschlag nach Wien zu gehen, und auf dem Bereich
konventioneller Streitkräfte eine Lösung für Mitteleuropa vorzuschlagen.
In zurückliegenden Tagen hat die Sowjetunion der deutschen Vereinigung und der Rückkehr voller
Souveränität Deutschlands zugestimmt. Die Tatsache, daß diese Ereignisse gleichzeitig geschehen
sind, erachten wir als einen großen Schritt nach vorne. Wir glauben auch, daß die internationalen
Verträge, die die alliierten Rechte und Verantwortlichkeiten betreffen, daß wir diese Verträge untersuchen
müssen um zu sehen, ob sie Einschränkungen, Begrenzungen der Souveränität enthalten, die
mit den Rechten und Verantwortlichkeiten der Alliierten korrespondieren.
Wir sind insbesondere zufrieden damit, daß die Sowjetunion ihren Willen dargelegt hat, sowjetische
Truppen in ein paar Jahren vom Territorium der Deutschen Demokratischen Republik abzuziehen,
und wir denken, daß dies eine sehr positive Entwicklung ist. Dies ist der Startpunkt des geplanten
Vertrages zwischen Deutschland und der Sowjetunion, der nicht nur Sicherheitsfragen betrifft, sondern
alle Fragen unserer gegenseitigen Beziehungen, und wir denken, daß dies basieren sollte auf
beiderseitigem Gewaltverzicht. Dies ist verbunden mit dem Abzug sowjetischer Nuklearwaffen von
deutschem Territorium und der Vereinbarung, daß zukünftig keine Nuklearwaffen auf dem gegenwärtigen
Gebiet der DDR stationiert sein sollen. Wir erachten dies als eine sehr wichtige Verpflichtung.
Dies ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Situation, bei der auf dem Territorium
des ganzen Deutschlands keine Nuklearwaffen stationiert sein sollten. Wir meinen, daß ganz
einfach in diesem neuen Europa keine Notwendigkeit für solche Nuklearwaffen auf deutschem Territorium
besteht. Wir sind überzeugt, daß die Sicherheit ohne nukleare Bewaffnung auf deutschem
Gebiet gewährleistet werden kann.
Ich bin sehr zufrieden damit, daß wir auf dem heutigen Treffen, wo Herr Skubiszewski an der Diskussion
über die Frage der deutsch-polnischen Grenze teilnahm, Fortschritte gemacht haben. Dies
ist tatsächlich ein Thema, das wir als gelöst betrachten können. Wir erachten dies als im Einklang
mit der Verantwortung der Deutschen, die, wenn sie die Vergangenheit betrachten, die bewegte Geschichte
unserer Beziehungen, daß dies etwas ist, dessen wir uns sehr bewußt sein müssen.
Es ist insbesondere wichtig, daß kurz nach dem Moskaubesuch von Bundeskanzler Kohl, daß so
kurz nach dieser Vereinbarung, daß wir heute in der Lage waren, (Seite 11) Zustimmung zu erreichen.
Gestern betraf das Abkommen deutsche sowjetische Beziehungen, (und) heute deutsch-polnische
Beziehungen. Dies bietet sehr gute Aussichten für die Zukunft. Wir wollen nie wieder eine Situation
sehen, bei der die Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion eine Gefahr für
Polen darstellen.
Wir sind insbesondere zufrieden, daß Polen Zusicherungen hinsichtlich seiner heutigen Sicherheit
erhalten hat, daß heißt, hinsichtlich seiner Grenze. Dies ist etwas, das auf dem Prinzip beruhte, zunächst
einen Grenzvertrag so bald als möglich nach der Vereinigung Deutschlands zu unterzeichnen
und dann, diesem folgend, Verhandlungen zu führen über einen Generalvertrag über die Beziehungen
beider Staaten. Wir erachten dies als einen großen Schritt vorwärts. Wir meinen, daß die deutsche
Einheit eng verbunden ist mit der Schlüsselfrage des endgültigen Charakters der Grenze zwischen
Deutschland und Polen. Heute haben wir klar dargelegt, daß wir bereit sind – und dies vor der
Vereinigung – in trilaterale Diskussionen mit Polen einzutreten und solche Fragen gegenseitigen Interesses
zu behandeln.
DUMAS: Ich danke Ihnen sehr. Nun können Sie Ihre Fragen an alle Minister richten. Nennen Sie
bitte zuerst den Adressaten Ihrer Frage und sagen Sie dann, wen Sie repräsentieren.
Sie haben Sprecherlaubnis.
F(rage): Ich habe eine Frage an Minister Skubiszewski. Würden Sie sagen, daß das, was heute geschah,
tatsächlich die Möglichkeit für Polen vorhersagt, Teil eines vereinten Europas zu werden?
SKUBISZEWSKI: Ein wichtiger Schritt in die Richtung, die Sie angedeutet haben. Es gibt fraglos
kein vereintes Europa ohne ein vereintes Deutschland, und umgekehrt. Die endgültige Regelung
der, bzw die Bestätigung der Grenzfrage ist ein wichtiger Beitrag für die Stabilität auf dem europäischen
Kontinent.
Und was Polens Rückkehr nach Europa angeht, denke ich, daß dies nur in relativen Begriffen gesehen
werden, denn selbst in den schlimmsten Zeiten seiner Nachkriegsgeschichte war Polen stets
Teil des kulturellen Europa und Teil der europäischen Zivilisation. Gegenwärtig unternehmen wir
Schritte, Mitglied des Europarates in Straßburg zu werden, und wir treffen Vorbereitungen für Verhandlungen
über den Abschluß eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Gemeinschaft,
um nur zwei wichtige Schritte zu nennen, die Elemente der polnischen Europapolitik sind.
F: Sie beziehen sich auf Wirtschaftsgespräche dieses Sommers mit Westdeutschland. Bitte nennen
Sie uns Einzelheiten. Und alle bezogen sich darauf, daß die Grenzfrage endgültig gelöst sei, und auf
die Bedingungen dieser Regelung. Aber ich habe keine (Seite 12) dieser Bedingungen gehört außer,
daß die Grenze dort ist wo sie ist. Können Sie uns eine Vorstellung davon geben, welches die anderen
Bedingungen sind?
SKUBISZEWSKI: Hinsichtlich der Wirtschaftsgespräche kann ich Ihnen keine Details bezüglich
unserer künftigen Gespräche mit der Bundesrepublik Deutschland und möglicherweise auch mit der
Deutschen Demokratischen Republik geben, weil wir erst am Beginn unseres Nachdenkens darüber
stehen. Auf jeden Fall sind wir in Gesprächen mit der Deutschen Demokratischen Republik über
das Schicksal der verschiedenen Verträge und Abkommen wirtschaftlicher Art, die sich ändern werden
– als Ergebnis der deutschen Einheit. Und dies ist ein wichtiges Problem für Polen, denn die
Deutsche Demokratische Republik war ein wichtiger Wirtschaftspartner Polens.
Zu Ihrer zweiten Frage kann ich im Detail nichts sagen über die Bedingungen der Sache, das heute
diskutiert worden ist, weil dies vertraulich ist, aber ich kann Ihnen eines sagen: Polen war immer
verwirrt wegen der ständigen Bezüge auf eine Friedensregelung oder einen Friedensvertrag als endgültiges
Moment einer Anerkennung oder Bestätigung der Grenze. Diese Bedingung oder Forderung
ist nun verschwunden. Dies als Ergebnis dieser Konferenz – ein stabilisierendes Ergebnis.
F: Eine Frage für Herrn Genscher. Herr Genscher, es scheint viele Fragen hier und andernorts zu geben
von den Sowjets, von Polen hinsichtlich Deutschlands Zukunft und Wohlverhalten. Welche
Versicherungen konnten Sie Ihren Dialogpartnern hier geben?
GENSCHER: Ich würde sagen, daß Deutschlands Verhalten keine Frage war, die wir heute diskutiert
hätten. Die Frage, die wir diskutiert haben, ist das, was von unserem deutschen .... ausgeführt
wurde, und ich möchte hier nur betonen, zu unterstreichen, was der Außenminister der Sowjetunion
sagte, als er vom Zuversicht sprach, das sein Land in beide deutsche Staaten und die Menschen beider
deutschen Staaten hat, und die ist ein Vertrauen, das von allen Teilnehmern dieser Konferenz
geteilt wurde.
F: Ich habe zwei Fragen, wenn ich darf, an Herrn Genscher. In Verbindung mit dem, was Herr Mekkel
gerade sagte, möchte ich gerne wissen, wie Sie über die Aufstellung nuklearer Waffen überall in
der DDR denken. Ich möchte von Ihnen hören, wie Sie die Zukunft vorhersehen.
Meine nächste Frage geht an Herrn Dumas. Gibt es irgendwelche Dinge, die möglicherweise nicht
in den allgemeinen Entwurf der Regelung Eingang fanden, welche für Sie wichtig waren im Zusammenhang
mit der Vereinigung Deutschlands, seien sie wirtschaftlicher, politischer oder militärischer
Art?
GENSCHER: Während unserer gestrigen Diskussionen mit der sowjetischen Führung erreichten wir
eine Übereinstimmung, und diese Übereinstimmung ist eine solche, die geteilt wird von den Teilnehmern
der heutigen (Seite 13) Konferenz, gemäß der es dem vereinigten Deutschland obliegt zu
entscheiden, zu welchem, wenn es einem Bündnis angehören möchte.Und in unseren Diskussionen
mit der Sowjetführung, und wie unser Bundeskanzler in der Pressekonferenz in der Sowjetunion
ausführte, hat er eindeutig festgestellt, daß Deutschland Mitglied der westlichen Allianz bleiben will
für die – in Zukunft. Während eines Zeitraums von drei oder vier Jahren werden sowjetische Truppen
auf dem Territorium der DDR stationiert bleiben. Dies wird zugrundegelegt in einem Abkommen,
das ein vereintes und souveränes Deutschland mit der Sowjetunion unterzeichnen wird, und
gleichzeitig werden auf dem Territorium der gegenwärtigen DDR Streitkräfte des vereinten
Deutschlands stationiert werden, die nicht unter NATO-Kommando stehen, welche verantwortlich
sind für die Territorialverteidigung.
Nach dem Abzug sowjetischer Truppen werden deutsche Truppen – und das schließt deutsche Truppen
unter NATO-Kommando ein – auf dem Territorium der DDR stationiert. Diese Streitkräfte werden
jedoch keine Nuklearwaffen zur Verfügung haben. Dies ist eine klare Beschreibung der Situation,
wie sie für Deutschland zutrifft, in Übereinstimmung, auch, mit der Sowjetunion, daß die Artikel
5 und 6 des NATO-Vertrags Anwendung finden, sobald die Vereinigung stattfindet. >> WW 42
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